Lesung mit Jagoda Marinic

Donnerstag, 01.01.2015

Auf Jagoda Marinic aufmerksam wurde ich bei einer Literaturveranstaltung in Ludwigshafen. Sie las aus ihrem erfolgreichen Roman ‚Restaurant Dalmatia’ – ein vielschichtiger Roman, der um das große Thema ,Identitätsfindung’ kreist. Ich war beeindruckt und fragte sie, ob sie am Bach-Gymnasium eine Lesung für die Oberstufe zu halten bereit sei.

Jagoda Marinic sagte zu – ein großes Glück: Heute wäre das nicht mehr so unkompliziert, wahrscheinlich überhaupt nicht mehr möglich:

Sie ist permanent international unterwegs, vor allem an Universitäten in den USA ein gern gesehener Gast, war bei ‚Anne Will’ als Mitdiskutantin zu erleben, ist darüber hinaus hochengagiert als Leiterin des ‚Interkulturellen Zentrums’ in Heidelberg…

Die Lesung hielt, was sie versprach: Zunächst trug J. Marinic Passagen aus ‚Restaurant Dalmatia’ vor, die die Komplexität der Identitätsfindung der Protagonistin Mia Marcovich zeigt, die sich zwar nicht mit einem ‚Clash of civilisation’, aber doch der Heterogenität kultureller Prägung konfrontiert sieht – aber auch die dadurch bedingte Intensität und ‚Dichte’ des Lebens auszuhalten und zu schätzen lernt.

Wie sich im Gespräch mit den Schülern zeigen sollte, setzte die Figurensprache Konzentration und sprachanalytische Kompetenz voraus. Marinic erläuterte die ‚literarische’ Methode zur Beleuchtung emotionaler wie auch – damit verwoben – gesellschaftlich-politischer Prozesse und wies auf die Differenz von Autor(in) und Protagonist(in) hin. Unmittelbar zugänglich und rege Frage- und Diskussionsbeiträge hervorrufend dann die Auszüge aus dem jüngst erschienenen Band ‚Made in Germany’- Was ist deutsch in Deutschland?’: Wer könnte ‚authentischer’ und erfahrungsgesättigter darüber schreiben als die Tochter kroatischer Einwanderer, die in Waiblingen geboren wurde, in Heidelberg Germanistik, Politikwissenschaft und Anglistik studierte, in Zagreb, Split, Berlin und New York lebte und der so die Auseinandersetzung mit den Themen ‚Identität’, Heimat’, ‚Kultur’ und ‚Integration’ biographisch ‚eingeschrieben’ ist?

Entsprechend lebhaft die sich anschließende Diskussion mit Schülerbeiträgen, die die Autorin als außergewöhnlich kompetent wertete. Auf entsprechende Fragen verwies J. Marinic auf die wertvollste Gabe, die sie von ihren Eltern erhalten habe: die Liebe zur Aufrichtigkeit und gegenseitigen Achtung; Deutschland schätze sie als demokratischen Rechtsstaat, der den Bürgern ermögliche, sich im freien Diskurs an der gesellschaftlichen Veränderung zu beteiligen.

Eine hochinteressante, informative, literarisch wie politisch anspruchsvolle Lesung mit einer so klugen wie sympathisch-herzlichen Autorin. Danke, Jagoda Marinic!

Lesung mit Jagoda Marinic

VeröffentlichungDonnerstag, 01.01.2015

KategorienAlle Artikel, Deutsch, Sprachen, Unsere Schule, Veranstaltungen