Schüler löchern Kandidaten
“MM”-Bürgerforum Jugendliche von Bach-Gymnasium und IGMH haben sich intensiv auf die Diskussion vorbereitet
Samstag, 27.02.2016
Wie lässt sich ein möglichst gerechtes Schulsystem schaffen? Hat die Reform bei der Polizei Baden-Württemberg sicherer gemacht? Und wie schafft es das Land, den Zuzug der vielen Flüchtlinge zu meistern? Um Themen wie diese ging es am Freitagabend beim “MM”-Bürgerforum zur Landtagswahl im Capitol.
Der “MM” hatte die Spitzenkandidaten der im Stuttgarter Landtag vertretenen Parteien aufs Podium gebeten – und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), Guido Wolf (CDU), Nils Schmid (SPD) und Hans-Ulrich Rülke (FDP) stellten sich den Fragen von “MM”-Chefredakteur Dirk Lübke und seinen Kollegen Stephan Töngi und Peter Reinhardt – und natürlich auch den Fragen der Besucher.
Rund 700 Gäste waren gekommen – unter ihnen auch rund 20 Schüler der Integrierten Gesamtschule Mannheim-Herzogenried (IGMH) und des Bach-Gymnasiums in Neckarau. Sie hatten sich im Unterricht – auch mit Hilfe einer vom “MM” herausgebrachten Beilage zur Landtagswahl, die an Schulen verteilt wurde – mit der Abstimmung am 13. März beschäftigt. Und sich für die Kandidaten Fragen überlegt.
Sowohl die 17-jährige Aylin Yildirim von der IGMH wie auch Lara Scholpp (Klasse 11) vom Bach-Gymnasium sprachen in ihren Fragen ein umstrittenes Thema an: die Verkürzung der Gymnasialzeit von neun auf acht Jahre (G8). Der Ministerpräsident verteidigte G8: “Wir müssen die Ausbildungszeiten verkürzen”, sagte er. Denn wegen der rasanten Entwicklung des Wissens müsse man das ganze Leben über “immer wieder Lernphasen” einbauen. SPD-Kandidat Nils Schmid räumte ein, dass die Umsetzung von G8 “nicht optimal” war. Deshalb habe Grün-Rot auch an 44 Schulen im Land G9 als Modellversuch wieder eingeführt. Durch eine Entzerrung der Bildungspläne hoffe er aber, “die Akzeptanz für G8 zu steigern”.
Gerade den Modellversuch hält CDU-Mann Wolf aber für “die schlechteste Lösung. Wir haben jetzt an 44 willkürlichen Standorten G9”. Die CDU wolle deshalb, dass die Schulen selbst auswählen können, ob sie G8 oder G9 anbieten. FDP-Kandidat Rülke findet ebenfalls, dass alle Schulen die gleiche Ausstattung bekommen und dann wählen sollen.
Über den Unterricht von behinderten Schülern an Regelschulen wollte Elfklässlerin Hannah Ehrhardt vom Bach-Gymnasium mit Ministerpräsident Kretschmann sprechen. Wie kann diese sogenannte Inklusion gelingen, wenn die Lehrer an den Regelschulen dafür gar nicht ausgebildet sind? Und werden die Sonderschulen dadurch ausbluten? Behinderte Schüler könnten nicht auf jede Regelschule gehen, sagte Kretschmann. “Sondern nur auf solche, die Integrationsklassen haben.” Die Schullandschaft müsse in diese Aufgabe “erst allmählich reinwachsen”.
Ella Gierß, Zwölftklässlerin am “Bach”, fragte den CDU-Kandidaten Wolf, warum sich seine Partei mit der Akzeptanz von schwulen oder lesbischen Partnerschaften neben dem klassischen Familienmodell so schwertue. Wolf betonte, man dürfe sich nicht über die Menschen erheben, die sich “über diese Frage Sorgen machen”. Für seine Partei sei “völlig klar, dass jeder Form von Diskriminierung wegen anderer Lebensentwürfe entgegenzutreten ist”. Aber für die Christdemokraten stehe eben die “klassische Familie” im Mittelpunkt.
Das Thema verbindliche Grundschulempfehlung sprach IGMH-Schülerin Zoe Peitsmeier an. Ob er ihre Abschaffung für falsch halte, wollte sie von Hans-Ulrich Rülke wissen. Der antwortete mit einem klaren Ja. Eine unverbindliche Empfehlung gebe es ja nach wie vor. Man müsse prüfen, ob sie der weiterführenden Schule zumindest bekannt gemacht werden müsse.
Eine weitere Berichterstattung über das “MM”-Bürgerforum im Capitol folgt in der Montag-Ausgabe dieser Zeitung.
Schüler löchern Kandidaten
VeröffentlichungSamstag, 27.02.2016
KategorienAlle Artikel, Schüler machen Politik