Tag der Freien Schulen

Harmonie in Grün-Rot

Freitag, 12.11.2021

Am jährlich stattfindenden Tag der Freien Schulen kommen Landespolitiker*innen mit Schüler*innen, Lehrkräften und Schulleitungen ins Gespräch und nehmen die Situation der Schulen in freier Trägerschaft in den Blick. Und so statteten am 12. November 2021 die Landtagsabgeordneten Elke Zimmer (Grüne) und Dr. Boris Weirauch (SPD) dem Johann-Sebastian-Bach-Gymnasium Mannheim einen Besuch ab.

Beide kennen und schätzen sich schon aus ihrer Gemeinderatszeit, beide lieben den Sommer, werden bei Schokolade schwach und könnten problemlos aufs Geschirrspülen verzichten. Wer nun denkt, dass hier die Gemeinsamkeiten von Mitgliedern unterschiedlicher Parteien enden, hat sich getäuscht: In der 60-minütigen Diskussion mit den Politik-Leistungskursen und der Klasse 10c wurde schnell klar, dass es auch viele politische Parallelen zwischen „der Grünen“ und „dem Roten“ gibt. So viele, dass Weirauch konstatierte, die Grünen hätten sich für den falschen Koalitionspartner entschieden. Woraufhin Zimmer konterte, ein grün-rotes Regierungsbündnis sei halt leider ohne die FDP nicht möglich gewesen.

Acht Moderator*innen des Politik-Leistungskurses der KS1 hatten sich im Vorfeld intensiv auf die Diskussion in der Aula vorbereitet. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde, in denen Zimmer und Weirauch auch ihre Aufgaben als Staatssekretärin des Verkehrsministers bzw. als Fraktionsjustiziar erklärten, mussten sie in einem kurzen Entweder-Oder-Spiel ein paar persönliche Vorlieben verraten. Und hier waren nun doch Unterschiede zu vermerken: Während sich der „Tagmensch“ Zimmer spontan für Sport, Berge und Pizza entschied und als Bierverächterin outete, tendierte der „Nachtmensch“ Weirauch klar zu Wellness, Strand und Döner und zieht als echter Monnemer natürlich ein Eichbaum Pils einem Stuttgarter Hofbräu vor.

Doch in der anschließenden Diskussionsrunde mit den Moderator*innen und Zuhörenden, in der per Abstimmungskärtchen auch immer wieder die Meinung des Publikums eingeholt wurde, überwogen erneut die Gemeinsamkeiten der beiden Abgeordneten. Beiden ist die klimafreundliche Mobilität ein Herzensanliegen, welche nur durch den Ausbau des ÖPNV-Angebots und des Radwegenetzes zu erreichen sei. „Das Blech muss von der Straße“, so Weirauch. Beide bedauerten in diesem Zusammenhang die kostenbedingte Einstellung des vom Bund bezuschussten „Green-City-Tickets“, das auch in vielen Familien der anwesenden Schüler*innen für den Umstieg auf Bus & Bahn gesorgt hatte. Kritisch sahen einige Schüler*innen dagegen das ab 2022 geltende Kurzstreckenticket, welches Zimmer jedoch verteidigte. Sie machte zudem auf den bislang weitgehend unbekannten Luftlinientarif (nutzbar mit der eTarif-App der VRN) sowie den eShuttle-Service „fips“ der RNV aufmerksam. Politik und Unternehmen müssten derartige Angebote stärker publik machen, so ihre auch an die eigene Partei gerichtete Kritik.

Die Frage einer Schülerin, ob das E-Auto klimapolitisch richtig sei, bejahten ebenfalls beide Abgeordnete: Zimmer aus verkehrspolitischer Sicht, da es nur so gelinge, bis 2035 den Verbrennungsmotor abzuschaffen, und Weirauch aus wirtschaftspolitischer Sicht, da der E-Antrieb die einzige marktfähige und für den Privatsektor effiziente Technologie darstelle.

Sollte auch bei der Bundestagswahl das Wahlrecht ab 16 gelten? Auch hier stimmten beide Gäste vorbehaltlos zu und sahen sich bestätigt durch ein einstimmiges (!) Publikumsvotum. Zimmer und Weirauch würden sogar noch weiter gehen und ein Familienwahlrecht einführen, um familienpolitischen Themen mehr Gehör zu verschaffen. Bedenken, dass Eltern die Stimmen ihrer Kinder instrumentalisieren, haben sie nicht, denn der gesamtgesellschaftliche Nivellierungseffekt hebe das wieder auf.

Die grün-rote Harmonie ließ im Publikum leichte Ratlosigkeit aufkommen. Worin unterschieden sich denn nun die beiden Parteien? Gerade recht kam da die Aufforderung eines Schülers, die beiden Abgeordneten sollten sich abschließend doch mal „batteln“. Zimmer und Weirauch kamen ihr gerne nach und führten drei Beispiele an, um ihre politischen Differenzen zu markieren: die Kostenfreiheit von ÖPNV-Tickets und Kita-Plätzen (Weirauch sprach sich aus sozialpolitischer Sicht dafür aus, Zimmer aus finanzpolitischer dagegen) sowie die Wiedereinführung von G9 an den allgemeinbildenden staatlichen Gymnasien (Zimmer votierte dagegen, während Weirauch eine Entscheidungsfreiheit der Schulgemeinschaften forderte).

Wieder ganz im Zeichen des harmonischen Austauschs standen die beiden abschließenden Programmpunkte: ein Rundgang durch das Schulhaus und eine kurze Gesprächsrunde mit der Schulleitung in der Schulbibliothek.

Wir freuen uns auf ein baldiges Wiedersehen!

Andrea Schwenker und der Politik-LK KS1 (Schuljahr 2021/22)

Tag der Freien Schulen

VeröffentlichungFreitag, 12.11.2021

KategorienAlle Artikel, Schüler machen Politik, Veranstaltungen